Die Reise nach Mexico ist nicht der beste musikalische Teil in Red Dead Redemption

Warnung: Spoiler für Red Dead Redemption 

Red Dead Redemption 2 steht kurz vor Release, genauer gesagt am 26. Oktober 2018, und viele Leute haben darüber gesprochen, dass die Überquerung der Grenze nach Mexiko ihre liebste musikalische Stelle in Red Dead Redemption ist. In diesem Moment wurde der Song

"Far Away" von Jose Gonzalez in die Herzen vieler Spieler eingebrannt. Für mich war dieser Teil jedoch nur die zweitbeste Musikszene von Red Dead Redemption. Aber bevor ich meine Lieblingsstelle jetzt schon preisgebe, brauchen wir erst Mal ein wenig Auffrischung. (Achtung, was folgt, sind Spoiler für Red Dead Redemption)

Edgar Ross und Archer Fordham, beide Agenten des Bureau of Investigation, zwingen uns aKa John Marston, durch die Entführung unserer Frau Abigail und unserem Sohn Jack Marston, ihnen zu helfen und unsere ehemaligen Gang-Mitglieder Javier Escuella, Bill Williamson und "last but not least" Gang-Leader Dutch Van Der Linde zur Strecke zu bringen. Nachdem wir mit Javier und Bill abgerechnet haben konfrontieren wir Dutch. Wenn wir Dutch vor uns haben und ihn konfrontieren, besitzt man das Gefühl, dass alles was passiert ist jetzt wahrscheinlich enden wird. Nach unserem Showdown mit Dutch und seinem folgenden Selbstmord dürfen wir zurück zu unserer Familie gehen und dieser riesige "chip on our shoulders" wurde gelüftet und entfernt. Wir wissen, dass wir nach Wunsch des Bureau richtig gehandelt haben und wir hoffen, dass unsere lange Reise endlich zu Ende ist. Wir werden unsere Frau und unseren Sohn wiedersehen, all die schlechten Dinge die wir tun mussten sind in den Geschichtsbüchern und unser Ziel, unsere Familie wiederzusehen, ist jetzt in unserer greifbaren Reichweite. 

Nachdem unsere letzte Aufgabe in einem Videospiel erledigt ist, ist es oftmals üblich zu einer Cut-Scene bzw. zu einem

Cinematic-Einspieler zu wechseln. Aber was Rockstar Games mit dieser Szene gemacht hat ist einer der denkwürdigsten Momente in meiner Gaming-Geschichte. Sie gehen nicht zu einer Zwischensequenz, sie lassen uns unser Pferd besteigen und den Ritt zurück nach Hause selbst unternehmen. Dies hält die Spannung aufrecht und das übliche Rumhängen auf der Couch um die letzte Szene zu sehen entfällt. Was ist hier los? Warum sehe ich keine Cutscene nach meiner letzten Mission? Die Spannung wie aber auch Vorfreude steigen auf und das Lied "Compass" wird eingeblendet.

"And now I know the only compass that I need, is the one that leads back to you." Sind die ersten Worte die wir hören und alles macht jetzt noch mehr Sinn als zuvor. Unsere Motivation, unsere Familie wiederzusehen, war immer in unserem Hinterkopf aber niemals im Vordergrund. Während des langen Spielverlaufs hat man sicherlich manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen und die Jagd nach den ehemaligen Brüdern eher als Rachefeldzug wahrgenommen. Der Songtext von Jamie Lindell mit der Kombination von Musik und dem Ritt nach Hause, während unsere vergangenen Taten im "Rückspiegel" sind, gab mir eine andere Perspektive auf die Geschichte. 

All diese schrecklichen Dinge die wir während des Spiels getan haben ergaben mehr Sinn, denn wir haben sie für unsere Liebsten getan.

Wir aKa John Marston wurden gezwungen schreckliche Dinge im Namen der sogenannten Gerechtigkeit im Wilden Westen zu vollstrecken und alles ist nun endlich vorbei. Dieser Song hat für mich persönlich genau ins Schwarze getroffen und ich hatte eine Gänsehaut die sich über meinen Körper zog. Den ganzen Sche** den ich im Wilden Westen fabriziert habe und ausüben musste besaß eigentlich nur eine Motivation: die Wiedervereinigung meiner Familie! 

Und diese Szene ließ mich nachdenken; würden wir nicht auch für unsere Liebsten das Selbe tun und Ethik und Moral beiseite schieben?

Ich würde es sicherlich tun. Ich würde alles was in meinen Kräften stehen würde vollziehen, sogar Dinge die als böse oder unmoralisch angesehen werden, wenn diese Aktionen meine Liebsten aus der Gefahrenzone heraushalten würden. Und ich weiß was ihr jetzt denkt, aber gib mir nicht diesen Blick. Nehmen wir zum Beispiel das Trolley-Problem (wenn euch dieses Dilemma nicht vertraut ist, könnt ihr hier ein kurzes Video dazu ansehen). Wir könnten dieses Dilemma ebenfalls erweitern: Was wäre, wenn der alleinige Arbeiter auf der Schiene unser bester Freund oder ein Familienmitglied wäre? Würden wir immer noch den Schalter umlegen? Oder würde es uns vielleicht leichter fallen doch den dicken Mann von der Brücke zu schubsen? Sobald ein persönliches Verhältnis bestehen denke ich, dass wir oftmals Moral zur Seite schieben würden und dies macht die Reise in Red Dead Redemption ebenfalls so erinnerungswert wie die Mechanics des Games. 

Aus diesem Grund ist "Compass" von Jamie Lidell für mich herausstechend und sticht immer noch als einer meiner am meisten in Erinnerung gebliebenen Szenen in meiner persönlichen Gaming-Geschichte hervor. Ich bin überzeugt davon, dass Rockstar Games mit Red Dead Redemption II eine hohe Qualität an den Tag legen werde. Ich hoffe allerdings auch, dass es nicht dabei bleibt und ebenfalls eine emotionale Reise wird, welche uns nicht nur die Höhepunkte der Van Der Linde Gang aufzeigen, sondern auch die unangenehmen Momente und den Zerfall von Dutch und seiner sogenannten Familie. Hoffentlich wird Rockstar Games dem Hype um das Spiel gerecht - no pressure, right?