Outward Test Review

Von Nine Dots Studios kommt ein Rollenspiel als Neuauflage vergangener Zeiten. Oder Epochen müsste man meinen. Denn Outward fühlt sich anders an als alles was derzeitig auf den Markt kommt. Entweder alleine durch die Grafik, bei der entscheidend ist auf welchem Port man spielt, oder die Inhalte und Mechaniken, die gewöhnungsbedürftiger kaum sein könnten, oder auch beidem.

Outward hat ein Ziel: Und zwar ist es den oder die Spieler konstant auf Trab zu halten und genau zu überlegen, was als nächstes zu tun ist. Manchmal dachte ich, dass es keine Konsequenzen gäbe. Doch mit der Zeit lernt man, dass nahezu alles mit einem gewissen Risiko daher kommt. Und so lebt man mit seinen Fehlern oder betreibt Risikovermeidung. Die Autosave-Funktion ist da gnadenlos. Man kann allerdings nicht sterben oder eventuellen Fortschritt "verlieren". Welche Optionen alle im Spiel existieren kann man gar nicht aufzählen. Aber das eigene Tutorium bereitet einen mit einer Handvoll Informationen vor und erklärt verschiedene Mechaniken.

Die Story selbst steigt dramatisch mit einem Schiffbruch ein. Durch diesen verliert der verbleibende Teil der Crew die komplette Beute der vergangenen vier Monate und steht somit mit leeren Händen vor dem Stadtoberhaupt. Das wäre nicht so schlimm wenn der Hauptcharakter nicht die Schulden seiner Familie übernommen hätte. 150 Silberstücke und fünf Tage Zeit: Das ist quasi die erste Hauptmission. Vergeht die Frist ohne Tilgung der Schulden geht der Leuchtturm der Familie an die Stadt - wie ich feststellen durfte ohne wenn und aber! Bevor ich mich allerdings aus der Stadt trauen "darf" muss ich mich ausreichend vorbereiten. Etwas über die Welt gelernt, paar Rezepte aufgeschnappt und die ersten Aufgaben erfüllt und schon hab ich die Erlaubnis. Vorher habe ich brav noch etwas Proviant angefertigt und meine Wasservorräte aufgefüllt, wie es mir vom örtlichen Wirt empfohlen wurde, sowie ein Schild und eine Keule selbst angefertigt. Gewarnt wurde ich doch auf das war ich nicht vorbereitet.

Es hatte bereits die Dämmerung eingesetzt und dadurch habe ich keine Steinwurf entfernt das erste Banditenduo übersehen. Von hinten attackiert versuchte ich mich mühsam zu wehren, leider vergebens. Mein Lebensbalken wird mit Nichten dezimiert und ich falle in Ohnmacht. Hier kommt der Clue am Spiel: Wie gesagt stirbt man nicht, sondern nach einem Ladebalken kommt eine zufällig eingespielter Text, der mir erklärt was mit mir geschehen ist. In diesem Fall komme ich in meinem Heimatdorf zu mir, weil ein Fremder mich entdeckt und in Sicherheit gebracht hat. Ein anderes Mal wache ich im hintersten Eck der gerade untersuchten Höhle als Gefangener auf. Wieder ein anderes Mal mitten in der Wüste an einer Oase. Oder auf der anderen Seite der aktuellen Region. Das wichtige Tool, der Rucksack, kommt entweder mit mir oder verbleibt dort wo zuletzt gesehen. Gottseidank wird das auf dem Kompass am oberen Bildschirmrand angezeigt.

Der Rucksack ist das wichtigste Utensil des Spiels. Je nach Größe ist er schneller oder langsamer voll. Aber: je überfüllter er wird umso mehr verlangsamt er die Spielfigur, bis hin zum absoluten Stillstand. Durch eine coole Funktion kann er ebenfalls als Beleuchtung dienen und die Hände frei machen: Laterne in den Rucksack deponiert und dann hängt sie an und lässt sich per Knopfdruck de- und aktivieren. Mit Bedacht muss dieser also ausgewählt und bestückt werden, vor allem vor längeren Touren oder auf der Beutesuche in besonderen Locations. Da die Wege bis zum nächsten Händler lang sein könnten. Das ist ein weiterer Aspekt von Outward. Wer noch nie ein großer Nutzer oder Fan der Fasttravel-Option gewesen ist wird sich mit dieser Attitüde gesegnet fühlen. Denn zwischen den vier Regionen und unterschiedlichen Karten gibt es nur den Fußweg. Und der kann lang und gefährlich sein. Für einzelne Questschritte muss man nicht selten an ein Ende der Welt und danach wieder zurück woher man kam. Das bedeutet jede Menge Laufen.

Die Quests sind in ihrer Beschreibung simpel gehalten und weisen keine Marker auf. Sprich wer nicht genau zuhört wird lange suchen. Das Wichtige ist im Text blau hervorgehoben und dann auch im Questlog wiedergegeben. Aber wo das auf der Karte ist und wie man da hin kommt erreicht man nur durch Nachfragen und Orientieren. Die Umgebung weist markante Locations auf, welche dann mit der Karte abgeglichen werden können um die eigene Position zu bestimmen. Sonst gibt es noch den Kompass als Hilfsmittel an die Hand. All das fällt dem Survival-Aspekt des Spiels zu und hat mir größtenteils Freude bereitet.

Der Survival-Aspekt stellt sich als anspruchsvoll heraus. Alles wird mit der Zeit abgenutzt: Die Werkzeuge mit denen man "erntet"; Verbrauchsmaterialien wie Nahrung und Leuchtmittel; Waffen und Ausrüstung natürlich; Gesundheit und Ausdauer reduzieren ihr Maximum je länger man ohne Pause unterwegs ist. Aber unbedacht Essbares, Flüssigkeiten einzuwerfen oder gar im Kampf verletzt zu werden birgt das Risiko einer Infektion. Und damit nehmen Werte nicht nur stärker ab, sondern brauchen auch eine sorgsame und zeitintensivere Pflege um das Maximum wieder freizuschalten. Durch einige Rezepte und die Produkte daraus kann man hier Abhilfe schaffen, jedoch nur mit entsprechenden Zutaten. Das Kampieren in der Wildnis wird bei Zeiten unabwendbar und auch hier gibt es das Risiko des Überfalls, dem man sich dann erwehren muss. Experimentieren ist gefragt, denn es gibt unterschiedliche Zelte oder Übernachtungsmöglichkeiten. Manchmal dauert die geplante Erholung sogar doppelt so lange, da der aus dem Überfall resultierte Schaden noch mehr Zeit in Anspruch nimmt. Die dadurch längere Ruhezeit und notwendige Vorbereitung auf den nächsten Reiseabschnitt forderte so manches Mal meine Geduld heraus.

Das Kampfsystem ist nicht weniger schwer. Optionen gibt es schließlich einige und neben Nah- und Fernkampf bieten sich Magie und Fallen an, die allerdings erst freigeschalten oder hergestellt werden müssen. Dodge und Parry verbrauchen Ausdauer und sind somit nicht unendlich. Auch die von Feind zu Feind unterschiedlichen Hitboxen erschweren den Kampf welcher Buttonmashing und Ungeduld hart strafen. Mit der Zeit gewöhnt man sich daran und auch die KI ist arm an Überraschungen, wird aber nicht weniger schmerzvoll. In den Städten Aurais sind Trainer verschiedener Kampfstile verteilt und bieten Training von Fertigkeiten und Fähigkeiten an. Mit entsprechendem Silber, und nicht wenig, kann man sich hier stärken. Auch die Ausrüstung trägt zur Verteidigung wie auch zum Tempo im Kampf bei. Entweder stellt man sich mit einem hohen Aufwand einzelne Teile und Sets selbst her oder sucht dafür die verschiedenen Schmiede auf. Auch ganz tricky: Hitze und Kälteschutz für die unterschiedlich heißen Regionen müssen beachtet werden, um nicht entsprechenden Malus mit sich herumschleppen zu müssen.

Das Questdesign ist nicht optimal. Das soll nicht heißen, dass es leichter sein sollte. Aber im Laufe des Spielfortschritts lernte ich Kämpfe zu umgehen, was nicht besonders schwer ist bei der einheitlichen Laufgeschwindigkeit und Intelligenz der Gegner, und somit wurde Outward mehr und mehr zum Running-Simulator. Und eben jene Quests erforderten den Kampf meist nicht bzw nur zu selten. Nur drei Hauptqueststränge und unabhängige "Kommst du dort vorbei?"-Aufträge sowie eine übersichtliche Anzahl an Dungeons und Forts bieten keine endlose Aufgabenanzahl, die man auch weitestgehend ignorieren kann ohne vorhandenes Exp/Level-System. Auch muss man für alle Hauptqueststränge erneute Spielstände in Betracht ziehen, da sie sich gegenseitig ausschließen. Ich habe für meinen ersten der Levante-Fraktion knapp 25 Stunden gebraucht.

Durch eine bereits starke Community habe ich schnell einige Mitspieler für den Multiplayer gefunden. Ich muss sagen, dass es mein Spielerlebnis nicht um Welten verbessert hat, aber den Schwierigkeitsgrad reduziert hat. Austausch von Tränken, Proviant, Ausrüstung oder eben das Wiederbeleben eines Gefallenen motivieren mehr als  wieder einmal quer über die Karte laufen zu müssen und erst recht, wenn der Rucksack liegen geblieben ist. Es macht Spaß und erhöht einfach den Spiele-Komfort und das Wohlbefinden. Eine Split-Screen Multiplayer Variante ist hierbei ebenfalls vorhanden. Die alten Couch-Co-Op-Tage wären also ebenfalls eine Multiplayer Variante.

Allerdings reicht all das nicht um aus Outward ein absolutes Highlight zu machen, vor allem auf der Konsole. Obwohl ich das Spiel auf der PS4 Pro testen durfte bin über die simplen Texturen und das wirklich veraltete Design erschrocken. Im Vergleich mit Gameplays auf dem PC ist das wirklich fraglich. Sowohl die Landschaften als auch die Effekte sind um einiges schlechter. Zwar hat wenigstens der wirklich gute Soundtrack keine Abstriche erhalten aber das konnte den Braten für mich nicht mehr Fett machen.

Outward ist schwer und verlangt eine Hardcore-Gaming-Mentalität. Man muss alles selbst erarbeiten und überwinden und dabei macht es vieles richtig. Es belohnt experimentieren, Farmen und Hartnäckigkeit. Wer aus Fehlern lernt wird weiterkommen. Glücklicherweise verliert man nichts und startet mit mehr Vorbereitung am Punkt des Scheiterns erneut. Oder auch nicht - die spielerische Freiheit gibt es jedenfalls her. Die adäquate Vorbereitung erfordert das Spiel aber auf jeden Fall. Ich persönlich kann mir gut vorstellen, dass man - so wie ich - einige Momente des Erfolgs haben kann und natürlich jede Verbesserung in Ausrüstung oder Fähigkeiten begrüßt. Erinnerungen werden mir auch einige bleiben aber unterm Strich ist Outward ein Titel, den man mit einer zähen Schuhsohle vergleichen kann: unschön und hart aber gangbar.

Fazit 6.7 aus 10

Outward ist ein besonderes Spiel und wird nur eine kleine Zielgruppe durch und durch erfreuen. Auf der Konsole ist es nicht besonders schön und bietet kein "An-die-Hand-nehmen der Spieler", wodurch die Komplexität ebenfalls so manchen überfordern könnte. Der Multiplayer online sowie im Split-Screen verbessert die Spielerfahrung immens. Jedoch kann dadurch nicht über den monotonen und teils ausbaufähigen Inhalt hinweggesehen werden.